Nur noch wenige Tage bis zum nächsten
bundesweiten Bingowettbewerb und auf einmal kriechen die politischen
Geister aus ihren dunklen Löchern, wo sie die letzten 3,99 Jahre
gechillt haben. Der Satz „Bistu Swag-Yolo?“ wurde gegen „Gehst
du wählen?“ getauscht und ich sehe auf Instagram schon die ersten
Bilder von ausgefüllten Wahlzetteln (natürlich mit den passenden
Hashtags #Wahl, #food, #love). Ich beobachte dieses Phänomen
einerseits mit Freude, da sich plötzlich viele Leute dafür
interessieren und darüber diskutieren, ob es beispielsweise eine
Frauenquote geben soll. Kurz vor der Wahl erreicht die Information
das Volk, dass ein Mindestlohn ja gar nicht so schlecht ist, wenn die
eigene Tante dann nicht mehr mit Tempo 100 auf die Altersarmut
zusteuert. Mit 400€ (seit einiger Zeit sogar 450€! Yeah, I'm
gettin' money, ohh) Jobs hat man nämlich auf den Zielgeraden des
Lebens nicht so viel Rente. Hab ich gehört.
Die Politik nimmt in den
wenigen Wochen vor der Wahl einen größeren Platz im Leben der
breiten Bevölkerung ein und ich finde das toll. Gleichzeitig
prognostiziere ich, dass eine nicht zu unterschätzende Zahl an
Wählern in nicht mal einer Woche bereits vergessen hat, wer die Wahl
gewonnen hat. „Steinmeier? Das war doch der Typ mit dem
Stinkefinger oder?“. So oder so ähnlich wird die Post-Wahlphase
aussehen. „Man hat schließlich seine Pflicht als Bürger
wahrgenommen und sich über die Themen und so informiert. Alles was
danach passiert, liegt nicht mehr in meinen Händen. Wie, die Merkel
hat ihr Wahlversprechen gebrochen? Verdammt, was hat sie mir nochmal
versprochen, damit ich weiß, worüber ich mich aufregen kann?“
Pustekuchen meine Freunde. Kein Schwein denkt da noch dran. Aber wie
lang die Zunge von Miley Cyrus ist, dieses Bild geht den Leuten nicht
mehr aus dem Kopf. Ich finde das schade, weil Politik nicht nur kurz
vor der Wahl gemacht wird, sondern auch davor und danach. Eigentlich
ist das schon zu harmlos formuliert: Vor den Wahlen kommt der
politische Betrieb in der Regel sogar zum Stillstand. Standby-Mode.
Energiespar-Modus. Warum? Weil auf einmal alle Augen auf die Politik
gerichtet sind! „Bloß keine Scheiße bauen“, denken sich die
fein angezogenen Männer und Frauen. „Lieber nichts machen als
etwas machen, was in den Medien gegen einen verwendet werden kann.
Die heiklen Sachen verschieben wir lieber auf einen Termin nach der
Wahl. Wenn die Affen wieder ihre RTL 2 Bananendokus schauen, statt
Nachrichten.“
Doch wenn diese Menschen, die ihren Tag
damit verbringen darüber zu diskutieren, wie viel sie verdienen
dürfen, wirklich nur Schmocks sind (ich rede über die Politiker/innen) – wieso am 22.9 doch das Haus verlassen? Ich weiß es nicht. Aber ich verstehe, wieso man nicht wählen könnte. Manche Bürger und Bürgerinnen
behaupten, sie würden sich nicht für Politik interessieren und
nicht wählen gehen, weil es sich eh nicht lohnt. Es verändert sich
doch eh nichts. Politikverdrossenheit war der offizielle Begriff
dafür. Oder in anderen Worten: Kein Bock (mehr).
Viele politisch engagierte Menschen wollen diese Abwendung von der Politik bekämpfen. Politik wieder „in“ machen. Das ist tatsächlich keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass der Satz „Ich schaue gerne Nachrichten“ einem das Handy kosten könnte, falls man den auf einem frankfurter Pausenhof bringt. Na gut, übertrieben. Aber man wird trotzdem als uncool abgestempelt. Hält man sich nun vor Augen, dass es verpönt ist, wissen zu wollen, was auf der Welt so abgeht, dann erhält man ein relativ semi-schönes Bild unserer Gesellschaft. Jedenfalls aus der Perspektive eines Menschen, der ein politisch interessiertes Volk für eine wünschenswertere Nachbarschaft hält, als einen Haufen BILD-Leser.
Viele politisch engagierte Menschen wollen diese Abwendung von der Politik bekämpfen. Politik wieder „in“ machen. Das ist tatsächlich keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass der Satz „Ich schaue gerne Nachrichten“ einem das Handy kosten könnte, falls man den auf einem frankfurter Pausenhof bringt. Na gut, übertrieben. Aber man wird trotzdem als uncool abgestempelt. Hält man sich nun vor Augen, dass es verpönt ist, wissen zu wollen, was auf der Welt so abgeht, dann erhält man ein relativ semi-schönes Bild unserer Gesellschaft. Jedenfalls aus der Perspektive eines Menschen, der ein politisch interessiertes Volk für eine wünschenswertere Nachbarschaft hält, als einen Haufen BILD-Leser.
(Exkurs: Was ich gegen die BILD so habe? Lasst mich die Frage so beantworten. Vor wenigen Wochen hat eine Politikerin der Grünen in einem Interview gesagt, dass die Grünen es begrüßen, dass öffentliche Kantinen und Mensen einmal die Woche nur vegetarische Gerichte anbieten würden. Der berühmte Veggie-Day. Was in manchen Kantinen, wie beispielsweise in vielen Kitas in Bremen, bereits Realität ist, wird in der BILD-Zeitung zur Schlagzeile: "Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten!". Sie erschaffen damit den Eindruck, dass diese Empfehlung, etwas völlig neues und abstruses wäre. Dabei unterstützen sie damit lediglich vorhandene Strukturen und lassen es offen, ob sich Kantinen und Mensen dabei einlassen.)
Ich könnte mich nun an dieser Stelle dafür einsetzen, dass sich
mehr Leute für Politik interessieren und dann auch langfristiger.
Ich könnte mich jedoch auch auf die Seite derjenigen schlagen, die
auf Politik scheißen. Sie tun es nämlich zu Recht. SPD oder CDU?
Die Sozialen oder die Konservativen? Spätestens nach der Agenda 2010
wurde klar, dass die SPD doch nicht so sozial sind, wie es ihr Name
vorgibt. Und dass die Merkel, die jahrelang den Mindestlohn
„kategorisch ausschloss“ (politiker-deutsch für „ja mal
gucken, wenn die Mehrheit das will, dann mach ichs“) auf einmal
total verrückt danach ist, zeigt uns, dass da die Unterschiede
zwischen den großen Parteien nicht sehr groß sind und wie wenig deren Wort wert ist.. Und die Kleinen?
FDP, die Partei der Liberalen. Liberal heißt in dem Fall „Reiche
und Arme sollen die gleichen Chancen haben weiterhin reich bzw.
weiterhin arm zu bleiben.“ Die Partei des Pseudo-Asiaten und des alten Perversen. Die, die denken, dass Adam
Smith's unsichtbare Hand nicht nur zum fappen, sondern auch zum
regieren geeignet ist. Oder die Grünen? Die Utopisten, die vom
Post-Materialismus und Gleichstellung träumen? Die, die seitdem die
Energiewende verkündet wurde, ihre „Atomkraft? Nein, danke!“
Aufkleber nicht mehr loswerden? Oder lieber die Linke, die sich
intern so gut untereinander verstehen wie die Germany's Next
Topmodel Anwärterinnen? Deren Mitglieder sich hauptberuflich mit Nazis prügeln,
während sie Marx lesen und ihn 1 zu 1 auf heutige Verhältnisse
übertragen wollen?
Das Sprichwort, dass man nur das
geringste Übel wählt, hat also Hand und Fuß. Jede Partei hat Dreck
am stecken und es ist gut, dass die Kritik an ihnen so laut und offen
wie nur möglich ist. Eine besondere Form der Kritik ist für mich
die Satire. Die Satire verarscht, jedoch nicht ohne Grund. Satire
macht sich nicht nur darüber lustig, was für eine grauenhafte
Frisur Angie mal wieder hat. Satire nimmt etwas aus dem politischen
Geschehen und spitzt es bis zur Lächerlichkeit zu. Beispiel: G8. Die
meisten meiner Leser/innen wissen, was sich hinter dem Code verbirgt. Nach der
Grundschule lieber 8 Jahre pädagogischen Prügel beziehen oder
lieber den Spaß auf 9 Jahre verlängern? Eine bestimmte Partei nimmt
dieses politische Vorhaben, das seit einigen Jahren die Kinder der
Nation beglückt, auf und nimmt es auf den Arm. Die PARTEI fordert
G1! Damit die Jugendlichen noch schneller ihr Abi haben und auf den
Arbeitsmarkt oder auf die Unis losgelassen werden können: Nur 1 Jahr bis zum Abschluss!
Letztendlich möchte ich keine Werbung
für irgendeine Partei machen. Ich weiß nicht mal, ob es sich überhaupt lohnt zu wählen. Ich finde es nur schade, dass es in
wenigen Tagen keinen mehr jucken wird, wohin Steinbrück nun seinen
Stinkefinger gesteckt hat. Nein im Ernst, ich denke es ist wirklich
schade, weil die richtige Kacke erst zwischen den Wahlgängen am
dampfen ist. Diejenigen, die nicht nur über Politik reden, weil es
gerade alle tun, möchte ich dazu ermuntern, es doch mal weiterhin zu
tun. Es ist spannend und manchmal sogar lustig. Nämlich dann, wenn
Satire vorhanden ist. Satire hilft die Worthülsen der Politiker und
Nachrichtensprecher aufzubrechen und zu verstehen, was wirklich
hinter diesen Entscheidungen steckt. Ich empfehle dafür die
Heute-Show und die PARTEI. Die Heute-Show fasst einmal in der Woche
aktuelle Themen zusammen, während die PARTEI eine "echte" Partei ist. Ein Beispiel, wofür sich die PARTEI
einsetzt, wurde mit dem G1-System bereits geliefert.
Zum Abschied was Feines aus der
Heute-Show.
Geht wählen, Leute. Oder auch nicht.
horst