Donnerstag, 9. Juni 2011

Warum das Leben keinen Sinn hat


Soo, dann kommt endlich mal wieder etwas Größeres, was nicht mit blogging-about-my-yellow-life zu tun hat.

Ich studiere ja seit 1 ½ Semestern u.a. Philosophie und wenn ich Leuten dies erzählt habe, waren die Reaktionen etwa so:

- „Wow Philosophie? Das finde ich voll interessant, aber studieren würde ich es nicht. Ich meine, was willst du damit später machen?“ (Ich werde Taxifahrer, was sonst?)
- „Philosophie? Oh mein Gott, bestimmt voll das Laberfach oder?“ (Nein - wir schweigen. 6 Semester lang.)
- „Cool, worüber geht es dann im Studium? Beschäftigt ihr euch dann mit dem Sinn des Lebens und so?“ (Also ich beschäftige mich auch damit nachdem ich aus dem Bett steige und den Swag aufgedreht habe.)
- „Philosophie, das ist doch voll tiefsinnig. Passt überhaupt gar nicht zu dir du Horst“ (Fu Dich!)

Na ja, da die Frage nach dem Sinn des Lebens fast öfter gestellt wird als „Wieso können Frauen nicht alleine aufs Klo?“ und weil ich euch hiermit sagen will, dass das Philosophiestudium in der Regel in den ersten Semestern tendenziell gar nicht bis gar nicht auf diese Frage eingeht, werde ich heute eine Antwort darauf geben. 

Jaa wo fangen wir denn da bloß an? Man will also den Sinn des Lebens wissen. Wer fragt so einen Scheiß? Scheinbar Menschen, die es wissen wollen. Warum wollen diese Leute es denn wissen? Nehmen wir mal utopischerweise an, dass jeder Mensch nach Wissen strebt. Er oder sie, will also sowas Lustiges wie Wahrheit. Unumstößliche, absolute, evidente Tatsachen, gegen die Keiner etwas entgegenzubringen hat. Diese Wahrheiten haben den Vorteil, dass man sein Leben an diesen festen Punkten orientieren kann. Ist doch schließlich viel einfacher zu leben, wenn ich nicht jeden Tag befürchten muss, dass die der Himmel uns auf den Kopf fällt (was physikalisch natürlich Unsinn ist, so lang die Masse und damit das Gravitationsfeld der Erde konstant bleibt). Allgemeiner formuliert: Es lebt sich leichter, wenn heute gilt, was gestern schon gegolten hat.

Was ich sagen will ist; Menschen, die nach dem Sinn des Lebens fragen, wollen eine Orientierung. Sie glauben, dass es im dunklen, bitterkalten Kosmos einen Lichtschalter gibt. Wenn sie diesen also endlich gefunden und betätigt haben, würde die ganze Welt auf einmal sinnvoll erscheinen. Gibt es nun diesen Schalter?

Keine Ahnung. Ist zum Glück in meiner Argumentation auch nur halb so schlimm.
In meiner Theorie gibt es nämlich nicht den Sinn des Lebens. Es kann aber durchaus einen Sinn des Lebens geben. Was ist nun der Unterschied? Ganz einfach: Die Tatsache, es gäbe einen so allgemeinen und abstrakten Sinn, der für alles Seiende gilt, ist ja bekanntermaßen unbekannt. Der Wille zur Deduktion, also das Schließen vom Allgemeinen zum Speziellen, sagt aber, dass es so etwas wie einen Sinn des Lebens geben kann. Gehen wir es dagegen induktiv an, schließen also vom Speziellen zum Allgemeinen. Welcher Satz klingt für euch denn bekannter bzw. wahrscheinlicher? „Das Leben hat einen Sinn“ oder „Mein Leben hat einen Sinn“? Diejenigen, die den zweiten Satz wählten, können nun weiterlesen – der Rest möge Alt und F4 drücken.

Worauf ich hinaus will ist, dass der Sinn des Lebens scheinbar etwas privates, etwas individuelles ist. Woher weiß ich nun, dass mein Leben Sinn macht bzw. wann sage ich diesen Satz „Mein Leben hat einen Sinn/macht Sinn“? Nun ja, es ist prinzipiell etwas Gutes, daher schätze ich mal, dass man diese Erkenntnis macht, wenn man zufrieden und glücklich ist. Wenn man sein Handeln nach einer Ordnung, einem Prinzip, richtet, das einen glücklich macht. Wenn es kausale Verkettungen im Handeln gibt, die in der Lage sind die nervige Frage „Warum machst du das?“ immer wieder zu beantworten. Diese Ordnung gilt aber zunächst nur für sich selbst. So viel zum privaten Sinn des Lebens. 

Was ist nun mit dem allgemeinen Sinn des Lebens? Wenn wir wirklich auf der höchsten Abstraktionsebene arbeiten wollen, müssen wir annehmen, dass Leben für alle gleich ist. Denn nur dann, könnte man auch einen Sinn finden, der für alle Leben gilt. Ist denn nun das Leben bei allen gleich? Was ist eigentlich Leben? Ich will nicht abdriften, beantworten wir deshalb diese Frage ein anderes Mal. Aber ist nun das Leben jedes Menschen gleich? Ich hoffe nicht! Es ist natürlich an dieser Stelle heikel zu behaupten, unser aller Leben hätte keinen gleichen gemeinsamen Nenner. Würden wir nämlich etwas finden, das uns alle in einem Punkt gleichwertig macht, gäbe es durchaus Anlass darüber nachzudenken, ob unser aller Leben irgendwo gleich wäre. Abgesehen von der biologischen, biochemischen und physikalischen Ebene – wo wäre dieser Punkt? Es läuft also wieder darauf hinaus, was der Mensch zum Menschen macht. So ist es, wenn man ansatzweise philosophieren will – es kommen immer mehr Fragen als man Antworten geben kann.

Wäre ich nun du und du ich und der Rest wäre wir (oder uns?), wäre unser Leben gleich und wir fänden wohl den Sinn. Da ich in dieser kurzen Argumentation annehme, dass unser aller Leben glücklicherweise verschieden ist, schließe ich damit aus, dass man einen Sinn für das Leben finden kann. Eine derartige Verallgemeinerung dieser Frage ist nicht möglich, weil der Abstraktionsgrad des Sinnbegriffs nicht deckungsgleich mit dem Abstraktionsgrad des Begriffs des Lebens ist. 

Die mir einzig denkbare Formulierung, die dem allgemeinen Sinnbegriff des Lebens nahe kommen könnte, würde lauten:

Der Sinn des Lebens ist, deinem Leben einen Sinn zu geben.

Abschließend möchte ich Allina dafür danken, dass sie mich dran erinnert hat wieder etwas zu schreiben. Danke – wegen dir ist es jetzt fast 2 Uhr morgens, ich bin wach und muss in 6 Stunden aufstehen, obwohl ich bereits Schlafmangel habe. Ich werde bestimmt verschlafen. Du Elende.

Nacht~
horst

Nachtrag:
Etwas muss ich noch unbedingt sagen. Dieses Thema ist ja riesig und meine Diskussion hier ist im Vergleich dazu mehr als mickrig. Darum nehmt bitte zur Kenntnis, dass dies nur eine spontane, populitistische und einfache Behandlung dieses Themas ist. Ich könnte noch soo viel mehr dazu schreiben, viel weiter ausholen, viele interessante Quellen hinzuziehen, viel wissenschaftlicher arbeiten. Nehmt diesen Post darum nur als einen von vielen Wegen auf, sich diesem Problemfeld zu nähern.

6 Kommentare:

  1. meine meinung...es gibt keinen sinn des lebens, sondern nur sinn meines lebens :D

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  2. und inwiefern unterscheidet sich deine meinung mit meiner meinung?

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  3. Der ''aktueller'' Sinn meines Lebens ist, den Sinn erstmal zu suchen und zu finden. Ob ich ihn mir gebe, ist zunächst zweitrangig. Gute Nacht, Horst. :)

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  4. kommt darauf an wie man den satz von ihr liest, entweder es heißt: meine meinung[ist,] es gibt keinen...
    oder sie meint: [ganz]meine[r] meinung, es gibt keinen...
    bei der 1. variante ist deine frage berechtig , bei der 2. variante nicht

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  5. Dieser Sachverhalt lässt sich -meiner Meinung nach - auch wie folgt argumentieren: Zur Erklärung verwenden wir die These von Hannah Arendt, dass das Leben ein Automatismus zwischen der Geburt und des Todes ist und der Aussage von Jacques Lacan, dass das Subjekt Träger eines irreduziblen Mangels ist, welchen es versucht zu beheben - dieser Sachverhalt aber für es unmöglich (Jacques Lacan wohl eher begannt durch die Theorie des Spiegelstadiums). In Verknüpfung dieser beiden Autoren, lässt sich folgendes als „Sinn des Lebens“ formulieren.

    Der Sinn des Lebens besteht darin im Automatismus des Strebens nach dem Objekt der Vollkommenheit

    – wobei hier Sinn mehr als Aufgabe agiert, welche Zeitlich durch das Leben, was in seiner Form durch die Grenzen Geburt und Tod bestimmt ist, begrenzt ist.

    Ich bitte um Gegenargumentation.

    Grüße,
    Chris

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  6. @ Anonym1: "Ob ich ihn mir gebe, ist zunächst zweitrangig"
    Was bedeutet für dich "ihn mir geben"? Diesen Sinn zu akzeptieren und nach diesem zu Handeln oder wie? Bin unschlüssig bei deiner Aussage o.o

    @Anonym2: aah die zweite variante habe ich übersehen. danke : )

    @Anonym3 aka Chris:
    Eine interessante Synthese zweier Meinungen. Es sind allerdings zwei Aussagen, die für mich gerade nicht viel mehr als Axiome sind. Mit welcher Begründung behauptet Hannah Arendt denn, dass das Leben einen Automatismus gleichkommt? Wo wäre da noch Platz für den freien Willen?
    Lacans These wirkt für mich ebenfalls axiomatisch, weil er eine Eigenart oder Eigenschaft für alle Menschen postuliert.

    Aber nähmen wir mal an, dass der Mensch nun von Natur aus dieses Defizit besitzt und nach Vollkommenheit strebt. Dazu würde sich mir die Frage stellen, ob Vollkommenheit etwas Reales, empirisch nachweisbares ist oder nicht viel mehr als eine Idee, ein transzendentes Objekt, ist. Dieser Gedanke besitzt also einen metaphysischen Charakter und ist darum leicht angreifbar. Macht es Sinn nach etwas zu streben, das nicht erfahrbar ist, weil es nur als Idee existiert?
    So könnte man also gegenargumentieren, indem man die Vollkommenheit in Frage stellt. Aber auch die Aussage Arendts, dass das Leben ein zwingender Automatismus wäre, lässt sich nach meinen bisherigen Erkenntnissen, durchaus bestreiten.

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