Dienstag, 20. September 2011

Es ist Krise, meine Damen und Herren!


Gude!
Wie manche schon wissen gebe ich mir vorm schlafen gehen gerne Dokus, Reportagen oder ähnliches. Erklärt an dieser Stelle auch, warum ich die letzten Wochen erst Mittags aufstehe; Ich finde zu oft interessantes Zeugs, das mich nicht wie erhofft in den Schlaf wiegt, sondern vielmehr geistig auf Trab hält. Zuerst wollte ich euch eine Tierdoku zeigen, die so sehr auf Emotionen setzte, dass ich beim Schauen ein Tränchen vergossen habe xD Aber gestern Nacht bin ich auf die Wiederholung von „Günther Jauch“ gestoßen. Richtig, der „Wer wird Millionär?“-Typ. Er hat seit einiger Zeit SternTV verlassen um bei den öffentlichen Sendern DEN Polit-Talk zu moderieren. Jedenfalls erhoffen es sich die GEZ-Eintreiber. Na ja, ich gab mir also gestern Jauchs zweite Sendung und vom Inhalt möchte ich nun berichten. Doch zunächst ist zu erwähnen:
Geht mit einer gewissen kritischen Grundhaltung an diesen Text heran, denn es ist nur Halb-Wissen. So wie ich es bisher in den Medien mitbekommen habe, gebe ich es nun wieder.

Der Titel der einstündigen Runde lautete „Die schwarz-gelbe Pleite! Kann diese Regierung noch den Euro retten?“ Zu Gast waren zu einem Norbert Röttgen, unser derzeitiger Umweltminister und CDU Mann. Neben ihm saß der Herr Rösler, vom Beruf Wirtschaftsminister und Kapitän eines sinkenden gelben Schiffs. Zusammen bildeten sie die Stellvertretung für die momentane Regierung. Zum anderen war auch „Herr Dax“ anwesend, ein medienwirksamer Börsianer, der die Stimme der Finanzmenschen darstellen soll. Außerdem gab es da noch eine „Wirtschaftsweise“, eine Frau, die sich zu den wenigen Auserwählten zählt, die als Experten der Regierung zur Seite stehen. Sie soll offensichtlich eine wissenschaftliche Sicht liefern. Abschließend wäre da noch Klaus Wowereit zu nennen, der als SPD Mitglied die Opposition mimt und daher eine Aufgabe des permanenten Meckerns und Besserwissens einzunehmen versucht.

Die Auswahl der Gäste ist meiner Meinung nach gut getroffen worden, jeder hatte seine relevante Rolle, die dem Zuschauer dazu verhalf das Thema besser zu verstehen. Das Thema an sich kommt allerdings jetzt:
Es ist Krise, meine Damen und Herren. Finanzkrise. Eurokrise. Wer nur ansatzweise Nachrichten schaut oder Zeitung liest, kommt an dieser Tatsache nicht herum. Doch was bedeutet diese Krise? Ich versuche diese Krise mal, meinem derzeitigen Wissensstand nach, kurz für Unwissende zu umschreiben: Griechenland hat Probleme. Das wissen wir nun alle. Doch wie sehen sie im Detail aus? Dass die Griechen kein Geld mehr haben, ist viel zu simpel ausgedrückt. Viel eher müsste man sagen, dass die Griechen nur geringe Chancen haben, das Geld, was sie von ganzen Ländern und Banken ausgeliehen haben, wieder zurückzuzahlen. Sie haben also Schulden, okay. Deutschland auch. Aber was stimmt bei den Griechen nicht? Die Griechen haben leider eine so miese Wirtschaft am laufen, dass viele Unternehmen nicht dazu raten würden, den Griechen Geld zu leihen. Warum müssen sie aber Geld leihen? Momentan brauchen sie beispielsweise Geld, um ihre Beamten zu bezahlen und den Staat am laufen zu halten. Ok, fassen wir zusammen: Die Griechen schulden anderen Ländern und Banken Geld, brauchen aber noch mehr Geld, weil sie momentan mehr ausgeben als einnehmen. Weil sie aber mehr ausgeben als einnehmen, haben sie natürlich kein Geld. Aber Griechenland möchte nicht wirklich pleite gehen, darum leiht es sich Geld und macht noch mehr Schulden. Krasse Logik oder? Leider läuft es aber so. Mit dem geliehenen Geld versucht Griechenland nun die Tatsache, dass es mehr ausgibt, als es einnimmt, zu ändern.. Warum möchte Griechenland aber nicht pleite gehen? Das ist eine sehr gute Frage. (Eigenlob? haha)

In der Sendung ging die Antwort dieser Frage relativ gut hervor: Herr Rösler hat sich ja die letzten Tage ordentlich Prügel eingehandelt, als er laut über eine „geordnete Insolvenz“ Griechenlands nachgedacht hat. Das heißt im Prinzip man lässt Griechenland geplant pleite gehen. Die Prügel hat er erhalten, weil die gegenwärtige europäische Finanzpolitik sowas nicht hören will. Politiker glauben anscheinend, dass jedes schlechte Wort über diese Situation die Börse verärgern wird. Politiker haben also Angst vor der Börse. Was heißt das? Ich verstehe die Lage so, dass es gewisse Spekulanten an der Börse gibt, die sagen „Griechenland wird pleite gehen! Das Geld, das man denen leiht, wird man nie wieder sehen“. Diese sind dann der Grund, dass die Kosten der momentanen griechischen Kopf-Über-Wasser-Halten-Politik steigen. Wenn man Kredite aufnimmt, gibt es ja bekanntlich Zinsen, die man draufzahlen muss. Wenn diese bösen Spekulanten aber nun sagen „Leiht den Griechen kein Geld!“ werden die Zinsen daraufhin ansteigen, weil die Banken, die den Griechen Geld leihen, auf diese Experten hören. Zusammengefasst heißt das: Die Politiker wollen nicht, dass man schlecht über die Krise redet, weil die Kosten, Griechenland zu retten, damit höher werden. Das Gebot ist also: Alles gut reden, dann werden die Börsen auch nicht nervös und wir leihen den Griechen weiterhin Geld mit möglichst niedrigen Zinsen.

Die meisten europäischen Politiker spielen nun bei diesem Spiel mit. Nun kommt der gefälschte Vietnamese ins Spiel, der das ausspricht, was keiner hören will: Griechenland könnte theoretisch auch pleite gehen, wenn die ganz großen Chefs von Europa das als beste Lösung sehen. Es ist der Voldemort-Effekt; Während die Regierungspolitiker die Luft anhalten und „PSSCHT!“ Richtung Rösler zischen, gibt es Stimmen, die ihn dafür loben, das endlich mal ausgesprochen zu haben. Herr Dax meint etwa, dass Griechenland eh schon längst pleite wäre. Das, was man gerade versucht, ist nichts als Zeitschinderei. Die Wirtschaftsexpertin war da vorsichtiger, erwägt aber ebenfalls eine Art Insolvenz, indem man einfach meint: „Hey Griechenland, weißte was? Wir sehen es jetzt ein, dass ihr die ganzen Schulden niemals zurückzahlen könnt. Lass gut sein, du brauchst uns nur noch die Hälfte zurückzahlen ok?“. Natürlich übertrieben gesagt, aber so ist ein derzeit diskutierter Vorschlag, wie man Griechenland dabei helfen kann, an billigere Kredite zu kommen. Billigere Kredite bedeutet mehr Geld für Griechenland, das dabei helfen kann, die Wirtschaft anzukurbeln und die Schulden abzubauen.
Das Traurige an dieser Situation ist jedoch die Einsicht, dass die europäische Politik zittert. Merkel und Co. Haben sowas von Schiss, dass diese Rating-Agenturen auch anderen Ländern eine schlechte Kreditwürdigkeit vergibt. Denn Griechenland sitzt nur in der Scheiße, weil es eine scheiß Wirtschaft hat und sich über die Jahre einen mega Schuldenberg erarbeitet hat. Doch nicht nur Griechenland hat so eine tolle Aussicht, auch andere europäische Länder wie Portugal, Spanien, Irland und Italien. Sie alle fürchten nun, dass die Kredite, von denen sie momentan Leben, teurer werden und zwar irgendwann so teuer, dass sie sich keine neuen mehr leisten können, ohne sich von der europäischen Zentralbank gaaanz billiges (d.h. Mit extra niedrigen Zinsen) Geld zu leihen, um die Zinsen des anderen, teuren Gelds zu decken.Klingt irgendwie dumm oder? Heißt am Ende: Man fürchtet sich vor einem Domino-Effekt. Wenn die Börsen sehen, dass Griechenland untergeht, dann werden sie auch vermuten, dass die anderen überschuldeten Ländern untergehen, trotz der ganzen Hilfe und Geldern, die man den Opfern anbietet. Was passiert also, wenn die anderen Länder auch untergehen? Ja dann stehen wir wohl vor einer Krise, dessen Dimension wir bis jetzt nicht vermuten können. Herr Röttgen meinte in der Sendung: Vor ein paar Jahren ging eine Bank pleite und die Weltwirtschaft hat schon miese Minuszahlen verbuchen können. Wenn jetzt ein ganzes Land pleite geht, ja dann...

Wir machen dann mal eine letzte Zusammenfassung: Die regierende Politik versucht gerade mit Schönrederei und billigen Krediten Griechenland über Wasser zu halten. Sie wollen verhindern, dass die Börsenspekulanten Banken dazu raten, Griechenland nur mit hohen Zinsen Geld zu leihen. Das heißt, dass die Politiker glauben, sie hätten eine gewisse Macht über die Börsenmärkte. Die bittere Realität (und das gibt, zur Verteidigung der Regierung, Röttgen auch zu) sieht aber so aus, dass die Politiker eher nach der Pfeife der Märkte tanzen. Als ob es einer Rating-Agentur bockt, ob die FDP-Spitze laut über etwas nachdenkt! So knallhart sieht es Mr. Dax und viele andere Experten. Die Krisenpolitik sieht momentan so aus, dass man möglichst alle schlechten Nachrichten totschweigt, um das ganze nicht noch schlimmer zu machen, als es schon ist. Neben dem Schweigen ist es jedoch auch ein Bestreben der Politik zu überlegen, wie man Griechenland bei dem Abbau der Schulden helfen kann. Gleichzeitig wird überlegt, wie man so was in Zukunft verhindern kann. Diese beiden Fragen sind allerdings so schwer, dass sich momentan kaum etwas tut, sodass man den Eindruck kriegt, dass sie gerade nichts gebacken kriegen, außer Griechenland frisches Geld zu liefern, dass sie nur für die Tilgung der Zinsen verwenden.

Wenn ich irgendwo falsch lag, möge man mich verbessern. Mir ist durchaus klar, dass ich wahrscheinlich nicht alle Punkte völlig verstanden habe, aber ich möchte hiermit nur ein Bild eines Menschen liefern, der sich bemüht, das Thema zu verstehen.

Zu Letzt noch eine kleine Kritik an die Gäste der Sendung: Es war immer wieder belustigend, wie Rösler bei jeder scheiß Frage eine gleiche Antwort gab. Politikergelaber auf höchstem Niveau. Viel geredet, wenig gesagt. Röttgen zeigte klarer seine Linie, war aber auch eher zurückhaltend. Der beste war jedoch Wowereit, der die ganze Zeit nur „NEUWAHLEN!“ rufen konnte. Als ob eine neue, rote, Regierung die Welt retten könnte.

Das Thema ist verdammt komplex, ich hoffe ich habe es für euch nicht noch komplexer gemacht, sondern ein wenig verständlicher.
horst

5 Kommentare:

  1. Eine Frage hast du nicht gestellt.
    Wie kam es zu den Schulden? Korruption? Über den verhältnissen gelebt?

    Kann man sowas wirklich nur mit Geld verbessern?
    Werden die leute ihren Wohlstand beschränken?

    Ich glaube egal ob Griechenland pleite geht oder nicht.
    Die Bevölkerung wird viel versuchen ihr jetziges Leben aufrecht zu erhalten.

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  2. Nein diese Frage habe ich mir wirklich nicht gestellt, da die Beantwortung der Frage mit den Verbesserungskonzepten zusammenhängt. Röttgen meinte, der Euro muss perfektioniert werden. Ich denke, dass die Ursachenforschung sich mit komplexeren Inhalten auseinandersetzen muss als nur Korruption und über den Verhältnissen gelebt.

    Aber ich stimme dir zu - Bestehendes zu verändern benötigt sehr viel Arbeit. Momentan stopft man nur die Schlaglöcher, statt die Straße zu erneuern : )

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  3. Griechenland hat ein entscheidendes Problem: Der Staat ist der größte Arbeitgeber in diesem Land. Und da der griechische Staat zu gut bezahlt hat, waren die Einnahmen und Ausgaben einfach zu unausbalanciert. Noch dazu kommen die viel zu geringen Staatseinnahmen durch fragwürdige Steuersätze, ein niedriges Rentenalter und Vergünstigungen für Staatsdiener. Auch außenwirtschaftlich gesehen hat Griechenland nicht genug Mittel um diese fehlenden Einnahmen auszugleichen: Es ist angewiesen auf Kredite. Diese Kredite sind aber über viele Jahre hinweg nicht dazu benutzt worden die Situation zu verbessern, sondern eher um die damalige Lage dort aufrecht zu erhalten. Nur jetzt ist diese Schuldenblase so groß, dass dem Staat der Bankrott droht. Das war auch schon vor Eintritt in der EU so. Das Problem war aber, dass Griechenland die Einnahmen und Ausgaben verfälscht hat, sodass man ihnen grünes Licht für den Beitritt in die EU geben konnte.

    Und hier kommt das Fatale: Nicht nur Griechenland ist nun Teil der Währungsunion, sondern auch der riesen Schuldenberg. Die sind im Moment so hoch, dass ein endgültiges Einstürzen des griechischen Staatshaulhaltes dazu führt, dass auch das ganze Geld verpufft. Vermögen, das faktisch den anderen EU-Ländern zusteht. Stellt euch vor von heute auf morgen verpufft plötzlich ein erheblicher Teil an Geld. Was würde dann passieren? Genau, Geld gewinnt an Wert. Was passiert, wenn Geld an Wert gewinnt? Die Zinsen steigen. Nur ist es so, dass die Währungsunion die Zinsen für die ganze Zone festsetzt! Das heißt ein Anstieg der Zinsen würde die gesamte europäische Binnenwirtschaft betreffen. Und das ist der Punkt.

    Indem man Griechenland Geld zusteckt erhofft man sich ein Einstürzen des Schuldenbergs zu verhindern. Solange die Schulden noch nicht dazu verdammt sind unbezahlbar zu sein, sind Schulden immernoch etwas Wert. Und solange sie noch etwas Wert sind, erhofft man sich eine Stabilität der Zinsen.

    Wollte das nur einmal als Ergänzung bringen zu dem, was du bereits geschrieben hast ;-)

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  4. ergänzend zu dem was du geschrieben hast: mich hat es immer interessiert, was passieren würde, ließe man griechenland pleite gehen (pleiter gehen? noch mehr pleite gehen??...)
    der staat kann seine beamten nicht bezahlen, die würden irgendwann ihre arbeit einstellen, gesundheits-, bildungs- und rechtssystem würden einstürzen, korruption weiter in die höhe steigen, ein teufelskreis sozusagen. kein geld, keine leistung, keine wirtschaft. das wirkt sich stark negativ auf den euro aus, importe werden sehr viel teurer, banken verlieren an kapital und erhöhen darlehenszinsen, darunter leidet dann auch die bevölkerung anderer nationen.
    was wenn man dem land weiterhin geld zusteckt? das gibt nicht gerade ein leistungsförderndes bild her, manche sagen, man hält ein totes griechenland unnötig im künstlichen koma und vergleichen es mit der situation von new york vor ein paar jahren. da ist der staat pleite gegangen, konnte sich aber wieder aufrappeln ohne dass der dollar einen tragenden schaden genommen hat. demnach wäre der totalabsturz die einzige möglichkeit zum wiederaufbau, wobei ich finde, dass zu viele parallelen zwischen den beiden situationen gesponnen wurden.
    fakt ist doch, dass die griechen mit den jetzigen gesellschaftlichen, politischen und wrtischaftlichen strukturen die schulden niemals zurückzahlen können, sie leben 100%ig aus den geldern der EZB und IWF, die nicht ausreichen, um ihre ausgaben zu decken. auch kürzungen in den staatsausgaben und steuerhöhungen bringen da nichts, das hätte die regierung schon viel viel früher machen müssen. so häuft nicht nur griechenland seinen schuldenberg an, sondern alle länder, die sich an den paketen beteiligen, schmeißen das geld zum fenster hinaus in der vagen hoffnung, dass es irgendwann zurückkommt (und wann passiert sowas denn schon), konkursverschleppung vom feinsten, die der steuerzahler finanziert...
    eine lose-lose-situation

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