Montag, 26. September 2011

"Meine Organe kann jeder gerne haben - die Leber würde ich allerdings keinem empfehlen."

.. so lautet ein Kommentar zu einem Online-Zeitungsartikel.

Es geht heute also um Organspende.
Eigentlich kein Tabu-Thema mehr in unserer Gesellschaft, jeder hat davon gehört, jeder müsste wissen, wie man Organspender werden kann und jeder könnte einer sein, weil es eigentlich jeder befürwortet. Oder?


Was würde eurer Meinung nach Für und Gegen Organspende sprechen?


Habt ihr einen Organspenderausweis? 

Würdet ihr fremde Organe annehmen? 

Die große Frage, die ich stellen möchte ich aber:
Warum haben so wenige Menschen einen Organspenderausweis, obwohl sehr viele es für vernünftig halten? 
"In Umfragen erklären bis zu 80 Prozent der Deutschen, mit ihren Organen nach dem Tod anderen Menschen helfen zu wollen. Doch nur etwa 18 Prozent haben tatsächlich einen Organspendeausweis. Dieses Missverhältnis besteht seit Langem." heißt es in dem oben genannten Artikel. Einer der Gründe soll die Tatsache sein, dass sich nur wenige Menschen ernsthaft mit dem Tod auseinandersetzen wollen. Nur wenige sind sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst. Erst wenn man krank ist, merkt man, dass man nicht unersterblich ist.

Findet ihr auch, dass man in unserer Gesellschaft den Tod viel zu sehr ausblendet? Ich habe manchmal das Gefühl, dass uns ein übertriebenes Gefühl der Sicherheit suggeriert wird. Es kommt mir oft so vor, als ob nur das Starke, der Erfolg und das Leben an sich gefeiert werden. Wer nicht zur Gewinnerseite gehört, der wird zurückgelassen. Über diese Tatsache wird dann geschwiegen. Stille Akzeptanz für die, die nicht ins Schema passen. In Kindersendungen wird das Thema , ja sogar das Wort(!) Tod zensiert, aus Jugendschutzgründen. Ob es pädagogisch sinnvoll ist, solche Inhalte im Fernsehsen zu behandeln, ist jetzt natürlich ein neues Fass, welches ich nicht aufreissen möchte. Jedoch soll langsam klar werden, dass ich nicht wohlbehütet im goldenen Käfig der Bildung Mensch werden möchte. So schlimm und schmerzvoll es auch sein kann, es macht die Sache nicht besser, wenn man den Tod totschweigt. Im Kontext der Organspendediskussion kann die offenere Art zum Tod nämlich Leben retten. Über den Tod reden um das Leben zu verschönern. Ironisch.

horst

3 Kommentare:

  1. Ich habe einen Organspendeausweis und konnte auch einen Großteil meiner Familie dazu "bewegen", sich einen anzulegen. Auch Freunde spreche ich gelegentlich darauf an.
    Fremde Organe annehmen würde ich natürlich auch.

    Einen Organspendeausweis zugelegt habe ich mir, weil ich mich mit dem Thema Tod aus eigenem Interesse beschäftigt habe. Ein Todesfall in der Familie, der das Thema auf den Plan gebracht hätte oder Ähnliches blieb mir bisher glücklicherweise erspart.

    Nun ... was die Vor- und Nachteile von Organspenden angeht ... ich sehe keine Nachteile und astronomische Vorteile. Es sei dazu gesagt, dass ich mich nie genau mit dem Thema befasst habe. Es ist ja aber ganz einfach so, dass man menschliche Organe nicht künstlich herstellen kann, daher ist ein funktionstüchtiges Organ etwas wertvolles. Der Gedanke so etwas wertvolles beim Tod eines Menschen, wenn dieser dafür also keine Verwendung mehr hat, einfach wegzuverfen, macht mich wütend. Das ist nichts als hirnrissige, dumme Verschwendung und man sollte Menschen, die sich bewusst dagegen aussprechen, dafür mit abwertenden Blicken durchbohren.

    Das große Problem mit dem Organspendesystem in Deutschland und auch die Ursache schlechthin für das von Dir erwähnte Missverhältnis ist, dass wir ein Opt-In-System haben. Man muss sich bewusst dafür entscheiden Organspender zu sein. SO EIN BULLSHIT! Andere europäische Länder sind da viel weiter und haben ein Opt-Out-System, was meiner Meinung nach überall der Standard sein sollte.
    Sei dem, der irrationale Bedenken bezüglich seiner Leiche, von der er nichts mitbekommen wird, hat, die Option gewährt, sich gegen eine Organspende zu entscheiden. Doch im Normalfall sollte so kostbares Gut genutzt und nicht weggeworfen werden.

    Ich wäre jedenfalls sehr froh, wenn von meinem Körper nach meinem Tod alles in irgend einer Weise Brauchbare weiterverwendet oder wiederverwertet wird. Forschung, Medizin, Kunst, Industrie ... nehmt euch, was ihr brauchen könnt, ich habe dann keine Verwendung mehr dafür, denn ich bin tot.

    AntwortenLöschen
  2. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich in der breiten Bevölkerung eingebürgert, dass Schlechtes einfach nicht ausgesprochen wird. Und kommt es eben doch mal dazu, dann entsteht nicht gerade selten eine Hysterie und man muss sich von allen Seiten Kritik anhören. Und das zieht sich durch alle Themenbereiche hindurch, wie man oftmals im medialen Geschehen mitverfolgen kann.

    Zu der Organspende an sich:

    Im Grunde genommen bin ich auch der Ansicht, dass Organspenden prinzipiell etwas Gutes sind, und durchaus Leben retten können. Ich muss jedoch noch einen anderen Aspekt in die Diskussion einwerfen, der immer wieder unter geht:

    Organe sind eben keine "Handelsgüter" oder Gegenstände, die man einfach mal von A nach B umbaut. Organe sind Bestandteil des individuellen Fleisch und Bluts, ein Teil meines Körpers. Ich muss zugeben, dass mir, trotz aller positiven Aspekte, der Gedanke, dass jemand anderes mein Herz oder meine Leber oder sonstwas eingepflanzt bekommt, ein bisschen komisch vorkommt. Und ich denke so geht es vielen. Darunter sind bestimmt auch "Gläubige", die ihren Körper unversehrt mit in den Himmel nehmen möchten, aber die lasse ich erst einmal außen vor.

    Es wird in der Debatte auch immer so leicht hergesagt, dass in anderen Ländern auch ohne Einwilligung Organe "gespendet" werden. Das finde ich dann aber auch nicht richtig. Jeder sollte selbst über seinen Körper entscheiden, selbst was nach dem Tod damit passiert. Ich finde es ehrlich gesagt anmaßend, wenn verlangt wird, dass der Körper nach dem Tod sozusagen auseinandergebaut wird, um Ersatzteile für jemand anderes da rauszuholen. Mit Einverständnis kein Problem, aber ohne Einverständnis meines Erachtens nicht vertretbar.

    AntwortenLöschen
  3. Ich denke, dass Organspende trotz aller möglichen Aufklärung weiterhin ein sehr emotionales Thema ist.

    Die Schwester meiner Mitbewohnerin ist zum Beispiel Organspenderin, hat aber angegeben, dass sie ihr Herz nicht spenden möchte. Aus ganz irrationalen subjektiven Gefühlen, die jedem zustehen sollten.

    Meiner Meinung nach, sollte jeder Mensch mindestens einmal im Leben dazu gezwungen sein, eine klare Position zu diesem Thema zu beziehen. Am besten mit 20 und dann in 10jährigen Abständen. Oftmals ist nämlich die rechtliche Situation ungeklärt, wenn jemand stirbt, dessen Angehörige sich nicht sicher sind, wie sie über seine Organe entscheiden sollen. Bzw. es kann nicht gespendet werden, obwohl derjenige sich seinen Angehörigen gegenüber klar geäußert hat, weil es keinen Organspendeausweis gibt.

    AntwortenLöschen